Martina Rens
  

Leseprobe "Komma, sacht die Omma"

 

Komischer Titel?
Jahaa … Ruhrpottdialekt! Ich liebe ihn.
Er erinnert mich nämlich an meine Oma.
Und die konnte es so gar nicht leiden, wenn man mit Fremdwörtern um sich warf und damit aus einem Satz ein böhmisches Dorf machte.
»Komma«, sagte meine Oma dann. »Und tu nich imma ausländisch reden!«
Das Komma hatte sie natürlich nicht gemeint. Das wäre ihr ziemlich wurscht gewesen.
Obwohl es das nicht ist. Ich meine wurscht. Also egal. Ich meine, das Komma ist nicht egal.
Merken Sie was?
Eigentlich sollte es doch ganz einfach sein, fehlerlose, gute, fesselnde, fantasiereiche, sachliche, poetische oder was-auch-immer-für-Texte zu schreiben.
Man nehme für das jeweilige Genre: passende Wörter. Diese mit Satzzeichen zu einem Ganzen zusammenfügen. Dann die richtige Grammatik dazu und umrühren. Fertig!
Sollte man meinen. Geht trotzdem häufig daneben.
Sehr viele Menschen schreiben. Weil sie etwas zu sagen haben, weil es ihnen Spaß macht, weil sie Geld verdienen möchten oder damit etwas verarbeiten …
Wie auch immer. Viele (möchten gerne) schreiben, sind aber bei Rechtschreibung, Satzzeichen und allem, was sonst noch dazugehört, nicht unbedingt Einserkandidaten. Fragen sie dann in Foren oder Gruppen nach, kommen häufig schlaue Kommentare. Es wird mit Begriffen um sich geworfen, mit denen die Schreibenden wenig anfangen können. Was ist denn ein Partizip? Ich schreibe im Präsens??? Ach, ein Partikel ist kein Staubteilchen? Und was sind Adverbien, die ich besser streichen sollte?
Und schon bekommt das Selbstbewusstsein einen Knacks, weil sie denken, dass sie dumm oder ungebildet sind.
Geht das nicht einfacher? Es gibt doch auch deutsche Bezeichnungen. Viele denken jedoch immer noch, je mehr Fremdwörter, desto besser hört es sich an. Quatsch. Hört sich nur aufgeblasen an.
Warum nicht die Dinge in leichter Form rüberbringen? Erklärungen müssen einfach und verständlich sein. Keine überflüssigen Fremdwörter. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich nicht die Einzige bin, die das denkt.
Ich schreibe also einfach mal Einiges so auf, wie ich es selbst gerne lesen würde.
Das Buch ist jetzt aber keine Gebrauchsanweisung und kein Rechtschreibbuch. Auch keine Anleitung, wie man gute Texte schreibt oder Zeichen richtig setzt.
Es ist ein nicht ganz so ernst gemeinter Versuch, Begriffe einfacher zu erklären. Und sich über Fremdwörter und neudeutsche Begriffe aufzuregen.
Vielleicht werden einige Lesende entnervt mit den Augen rollen. Manche werden denken: was für ein Blödsinn.
Warum nicht für Wörterbegriffe, Satzteile und Grammatik einfach die deutschen Begriffe verwenden? Und diese »supermodernen« Wörter wie Corporate Branding/Influencer, Copywriter, Hack, Twist, Plot und so weiter. Müssen dafür immer die englischen Ausdrücke verwendet werden? Wir haben eine eigene Sprache. Das hat mit Deutschtümelei übrigens gar nichts zu tun.
Sind wir unfähig, für diese Begriffe die entsprechenden deutschen Ausdrücke zu verwenden? Oder sind wir nicht in der Lage, selbstständig zu denken und übernehmen daher einfach diese Begriffe?
Unsere Gesellschaft verändert sich. Genau wie unsere Sprache.
Menschen der Generation Smartphone tippen, statt zu schreiben, verwenden Abkürzungen, nutzen die Funktion »Autovervollständigen« und stören sich meistens nicht sonderlich daran, wenn die Rechtschreibung in einer Nachricht nicht fehlerfrei ist. ABER: Sie klicken einen Text weg, wenn er mit zu vielen unverständlichen Begriffen gespickt ist. Dann macht Lesen nämlich keinen Spaß.
Wir werden nicht dümmer. Doch wir möchten Informationen kurz, deutlich und unterhaltsam vorgesetzt bekommen. Das heißt für mich auch, dass englische Ausdrücke oder unverständliche Fachbegriffe in Texten einfach mal durch deutsche Begriffe ersetzt werden sollten. Wenn eine Werbefachfrau vor Kunden aus dem normalen Mittelstand einen Vortrag hält, in denen die wichtigen Begriffe ausschließlich in Englisch vor-kommen - was glauben Sie, passiert dann?
Immer mehr Menschen ohne akademischen Hintergrund schreiben Bücher. Ein wichtiger Aspekt. Denn bis vor noch gar nicht so langer Zeit gehörten Schreibende fast ausschließlich der »besseren« Gesellschaft an. Viele Autorinnen haben das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden, wenn sie aus einer »unteren« Gesellschaftsschicht stammen. Die Welt der Buchstaben, der Wörter, der Bücher ist eine andere Welt als die, aus der sie stammen. Kein Studium, keine gewählte Ausdrucksweise. Schreiben, wie sie denken und sprechen, ohne sorgfältig an den Sätzen zu feilen. Oft haben diese Schreibenden das Gefühl, sich zwischen zwei Welten zu befinden: die, aus der sie kommen und die, in der sie mit ihrem Bucherfolg gelandet sind.
Menschen aus anderen Ländern, die in Deutschland leben, haben unsere Sprache gelernt. Und beherrschen sie manchmal besser als viele »Eingeborene«. Meine Hochachtung! Die deutsche Sprache ist nämlich kompliziert.
Sie lachen? Kennen Sie selbst die deutschen Fälle und Grammatikbegriffe auswendig? Und zwar in den Fachausdrücken (Deutschlehrende und Besserwissende ausgeschlossen, das zählt nicht)? Können Sie sie aus dem Stehgreif erklären? Ich nicht. Obwohl ich mich täglich mit Texten befasse, weil ich selbst schreibe. Dabei wurde mir immer klarer, dass man es mit diesen Dingen in der deutschen Sprache auch übertreiben kann. Vieles ist meiner Meinung nach überflüssig und viel zu kompliziert. Hinzu kommt, dass ich eine Abneigung gegen dieses hochgestochene Fremdwörter-Getue habe, das viele an den Tag legen.
Sprachregeln sind nicht in Stein gemeißelt. Auch nicht die Zeichensetzung oder die sehr komplizierte deutsche Sprachlehre, Grammatik genannt.
Mal ganz ehrlich: Warum müssen wir Deutsche dafür immer die lateinischen oder griechischen Begriffe verwenden, die sich niemand merken kann? Ganz nach dem Motto: Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? Machen andere Länder auch nicht.
Diese Bezeichnungen sind unkapierbar. Einfach durch »normale« Begriffe ersetzen. Die erklären sich nämlich häufig selbst. Punkt.
Wenn Menschen Probleme mit Rechtschreibung oder Zeichen-setzung haben, sind sie weder dumm noch ungebildet. Es gibt jedoch immer noch Personen, die dies anders sehen. Dies ist in bester Form in vielen Gruppen der allseits bekannten Blauer-Daumen-Seite zu beobachten. Häufig äußern sich dort gerade jene Menschen ziemlich abfällig, die mit Fremdwörtern nur so um sich werfen. Mir ist nicht ganz klar, ob es sich dabei um Überheblichkeit handelt. Vielleicht möchten sich diejenigen auch nur gerne wichtigmachen und zeigen, wie schlau sie sind.
Es gibt keine dummen Fragen. Es gibt nur dumme Antworten. Wer eine einfache Frage stellt, sollte auch eine verständliche Antwort bekommen.
Wer Menschen etwas beibringen möchte, sollte sie nicht mit Ausdrücken überfallen, die sie nicht kennen.
Und: Einfach mal mit dem Korinthenkacken aufhören. Ich weiß, dass es Menschen gibt, die Fehler in Texten schon fast zwanghaft korrigieren müssen. Wenn Sie zu diesen Personen gehören: Fragen Sie sich mal, ob das wirklich nötig ist. Unser Gehirn kann beim Lesen Fehler nämlich ganz gut ignorieren und unser Verstand hat trotz dieser kleinen Fehler kein Problem mit dem Kapieren.
Und Leute, Komma, sacht die Omma soll einfach nur unterhalten. Oder langweilen. Also nichts mit erhobenem Zeigefinger. Eine Prise Erklären, Kommentieren, Labern und Besserwissern gehört natürlich trotzdem dazu.
Sie werden (sehr wahrscheinlich) auch in diesem Buch Fehler finden. Ich habe die Weisheit nicht mit Löffeln gefuttert.
Niemand ist unfehlbar. Und das ist auch gut so.
Viel Spaß beim Lesen!
Martina Rens

 

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